Herzchirurgie
Bessere Versorgung bei Herzklappeneingriffen
Eine Herzklappenerkrankung ist für Betroffene physisch und psychisch meist eine große Belastung. Das Projekt INCREASE will die Versorgung mit einem innovativen interdisziplinären Ansatz vor, während und nach dem Herzklappeneingriff verbessern.
In Deutschland werden jedes Jahr mehr als 30.000 Herzklappen-Operationen durchgeführt – in den meisten Fällen wegen Verschleißerscheinungen. Da die Bevölkerung tendenziell älter wird, werden auch Herzklappenerkrankungen zunehmen und damit auch die Zahl minimal-invasiver Eingriffe. Eine Weiterentwicklung der Versorgung ist deshalb wichtig.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungsprojekt INCREASE knüpfen daran an und möchten das Versorgungsmanagement vor, während und nach der Operation (perioperativ) durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Disziplinen (darunter u. a. Chirurgie, Kardiologie, Pflege, Physiotherapie und Psychosomatik) verbessern. Am Universitätsklinikum Augsburg am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird das INCREASE-Konzept in einer Studie wissenschaftlich überprüft. Das HCHE ist daran mit der gesundheitsökonomischen Auswertung beteiligt. Das Projekt selbst wird mit rund 5,2 Millionen Euro durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert.
Bislang bleiben Betroffene für einen Herzklappeneingriff durchschnittlich zehn bis zwölf Tage im Krankenhaus, bevor eine Rehabilitationsmaßnahme startet. Dadurch werden sie erst spät wieder vollständig mobil. Zudem führt die lange Liegezeit im Krankenhaus oft zu körperlicher Schwäche und Schmerzen. Das INCREASE-Konzept sieht vor, dass Patient:innen gemeinsam mit ihren Angehörigen bereits drei Wochen vor dem Eingriff ein aufklärendes Gespräch mit dem gesamten medizinischen Team (Herzchirurginnen und -chirurgen, Pflegekräfte, Fachkräfte aus den Bereichen Physiotherapie, Psychosomatik sowie Reha-Management) führen. Ebenfalls vor der Operation werden eine bestimmte Ernährung und physiotherapeutische Übungen zur vorbeugenden Aktivierung verordnet. Eine feste Ansprechperson begleitet Betroffene über die gesamte Versorgungsphase hinweg. Nach dem Herzklappeneingriff werden die Patient:innen noch im Operationssaal geweckt und anschließend auf die Überwachungsstation anstatt auf die Intensivstation gebracht. Bereits drei Stunden nach der Operation erfolgt die erste physiotherapeutische Behandlung. Diese engmaschige interdisziplinäre Betreuung soll die frühzeitige Mobilisierung der Betroffenen nach dem Eingriff ermöglichen und sie aktiv in den Heilungsprozess einbinden. Sobald wie möglich sollen die Patient:innen in eine Rehabilitationsklinik überwiesen werden, die den interdisziplinären Heilungsprozess fortsetzt.
Das INCREASE-Projektteam überprüft sein Konzept anhand einer Studie mit Patientinnen und Patienten aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern. Eingeteilt in zwei Gruppen erhalten die Teilnehmenden eine Behandlung nach dem INCREASE-Konzept (Interventionsgruppe) oder werden gemäß der Standardversorgung behandelt (Kontrollgruppe). Das Projektteam vergleicht zunächst die Länge des jeweiligen Krankenhausaufenthalts und die Behandlungskosten. Mit einem Geh-Test und standardisierten Fragebögen wird zudem erfasst, ob die Teilnehmenden der Interventionsgruppe bei der Krankenhausentlassung einen besseren körperlichen Zustand im Vergleich zur Kontrollgruppe aufweisen und ob einige Monate nach dem Eingriff eine erhöhte Lebensqualität belegbar ist.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden an alle Behandlungsbeteiligten zurückgespiegelt und fließen in einen Leitfaden ein. Der neuentwickelte Versorgungsstandard soll sich sowohl auf städtische als auch ländliche Regionen übertragen lassen und könnte nach positiver Auswertung der Studie in allen Herzzentren in Deutschland Anwendung finden. Dafür arbeiten die Studienstandorte Hamburg und Augsburg mit der BARMER Krankenkasse, mehreren Kliniken sowie Gesundheits- und Rehabilitationszentren zusammen.
Projektdaten INCREASE
Auftraggeber: Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (Innovationsfonds zur Förderung von neuen Versorgungsformen (§§ 92a Abs. 1 und 92b SGB V), DLR Projektträger
Laufzeit: 2021-2024
Transferleistung:
- Evaluation der Kosten der neuen Versorgungsform im Vergleich zur Standardversorgung einerseits aus einer Krankenhausperspektive und andererseits aus einer Sozialversicherungsperspektive
- Darüber hinaus wird eine Kosteneffektivitätsanalyse aus einer gesellschaftlichen Perspektive durchgeführt
Transferzielgruppe:
- Krankenhäuser
- Krankenkassen
- Leistungserbringer:innen im Gesundheitswesen